Anzeige

Landesarmutskonferenz - Kürzungen im Sozialbereich wären gesellschaftspolitisches Desaster

Symbolbild. Quelle: Pixabay.

Region. Die Landesarmutskonferenz LAK Niedersachsen kritisiert den Vorschlag der Bundes-FDP, Kürzungen im Sozialhaushalt vorzunehmen zur Finanzierung der 60 Mrd. Euro-Lücke im Bundeshaushalt, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes entstanden ist. Kredite für Coronahilfen dürfen nun nicht in den Klimafonds verschoben werden.

Kürzungen im Sozialhaushalt zur Gegenfinanzierung wären aus Sicht der LAK ein gesellschaftspolitisches Desaster..

Klaus-Dieter Gleitze von der LAK Niedersachsen weist darauf hin:
„Die Spaltung zwischen Arm und Reich ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen, die Arme wurden mehr und ärmer, die Reichen reicher. Eine wachsende Zahl von Menschen steht im Winter vor der Frage: Heizen oder Essen. Die Dauerkrisen, vor allem die Inflation bei Grundnahrungsmitteln und Energie und Mietexplosionen in Ballungsräumen, haben tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Immer mehr Menschen wenden sich von der Demokratie ab oder wählen die rechtsextreme AfD.
In dieser Situation Kürzungen im Sozialhaushalt vorzuschlagen, zeugt von Ratlosigkeit und Herzlosigkeit, es ist eine gesellschaftspolitische Bankrotterklärung.
Wir müssen endlich eine gerechte Besteuerung hoher Vermögen und Erbschaften einführen. Das wäre auch klimapolitisch sinnvoll, Wohlhabende verbrauchen laut aktueller Oxfam-studie 16x so viel CO2 wie ärmere Menschen. Auch hier eine eklatante Schieflage.“
2020 gab es 174 Milliardäre in Deutschland, ihr Vermögen ist in nur einem Jahr um 100 Milliarden Euro gewachsen, wobei es dabei ein erhebliches Dunkelfeld gibt. 100 Milliarden ist fast das Dreifache des gesamten Haushaltes 2023 von Niedersachsen. 70 Prozent der Vermögen in Deutschland sind nicht durch eigener Hände Arbeit, sondern durch Erbschaften und Schenkungen entstanden. Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 300 Milliarden Euro über Erbschaften oder Schenkungen weitergereicht. Der Staat nimmt dabei etwas mehr als zehn Milliarden Euro an Erbschaftsteuer ein – der effektive Steuersatz beträgt also knapp drei Prozent, gegenüber 30 Prozent bei Arbeit. Je höher das Vermögen, desto geringer die Steuersätze. Deutschland nimmt über die Vermögenssteuer 40 Milliarden Euro im Jahr ein. Würde der Staat Vermögen genauso stark wie Frankreich, Großbritannien oder die USA besteuern, wären es 120 Milliarden Euro.
Jeder sechste Deutsche ist arm, 17 Prozent. Das bedeutet weniger als 1250 Euro im Monat für eine alleinstehende Person.
Bürgergeldbezieher müssen mit ca. 6 Euro für ihre gesamte Ernährung pro Tag auskommen. Das ist der Gegenwert von einem Glas Wein in einem durchschnittlichen Restaurant.
Ein durchschnittlicher Erwachsener in den unteren 50 Prozent der Vermögensverteilung, also bis in die Mitte der Gesellschaft, besitzt ein Nettovermögen von 3.682 Euro.
40 Prozent besitzen nichts oder haben Schulden. 60 Prozent müssen mittlerweile als Krisenfolge ihr gesamtes Einkommen ausgeben, um über die Runden zu kommen.
Die LAK fordert unter anderem:
- eine Vermögensabgabe bei Superreichen
- eine Erhöhung der Erbschaftssteuern für große Vermögen
- sofortige Einführung der jahrelang verzögerten Transaktionssteuer, zur Regulierung von Finanzspekulationen und gerechteren Finanzierung der öffentlichen Haushalte
Damit lassen sich nachhaltig und gerecht dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit sowie Klimatransformation finanzieren. Das ist Wirtschaftsförderung zum Erhalt des Standortes Deutschland, reduziert die soziale Spaltung und trägt zur Stärkung der Demokratie bei.