Anzeige

IT in Niedersachsen - „Ein ‚Weiter so‘ reicht nicht mehr“

Symbolfoto.

Region. Die Verwaltungsdigitalisierung geht nur schleppend voran. Dringende Fortschritte sind nicht in Sicht. Der Landesrechnungshof nennt in einer Beratenden Äußerung Ursachen und zeigt Auswege auf. ‚Alles aus einem Guss statt weiter Wildwuchs‘ muss die Devise lauten..

Der Handlungsdruck ist groß: Digital, bürgernah und nutzerfreundlich will das Land eigentlich werden. Seine Verpflichtung aus dem Onlinezugangsgesetz, den Bürgerinnen und Bürgern bis zum 31.12.2022 Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten, hat es jedoch nicht erfüllt. Ein ‚Weiter so‘ reicht nicht mehr.

„Das Land muss die Steuerungs- und Entscheidungsstruktur für die IT und die Verwaltungsdigitalisierung endlich bündeln – zentral und ressortübergreifend. Dazu ist ein maximaler Veränderungswille erforderlich“ so Sandra von Klaeden, Präsidentin des Niedersächsischen Landesrechnungshofs bei der heutigen Vorstellung der Beratenden Äußerung im Landtag. Und weiter: „Die IT ist längst eine eigene Fachaufgabe. Erforderlich ist deshalb eine Gesamtsteuerung im Landesinteresse.“

Wildwuchs – so könnte die Landschaft aus Arbeitsplatzrechnern, Servern und Computerprogrammen in der Landesverwaltung beschrieben werden. Die Folgen einer technischen Mixtur kennt jeder, der selbst Laptop, Tablet oder Smartphone von verschiedenen Herstellern in Gebrauch hat. Damit sie reibungslos zusammenarbeiten, sind Zeit und Nerven nötig.

Die Probleme nicht aufeinander abgestimmter IT-Systeme sind nicht neu. Bereits vor Jahren führte das Land einen Chief Information Officer (CIO) ein, der den IT-Einsatz und die digitale Transformation für die gesamte Verwaltung steuern sollte. Den CIO gibt es immer noch. Dessen Kompetenzen wurden aber Stück für Stück wieder zugunsten der einzelnen Ministerien beschnitten. Entscheidungsbefugnisse besaß der CIO nie. Die Folge: Jedes Ministerium verfolgte bei der IT häufig seine eigenen Interessen und Wünsche. Der Blick aufs Ganze und auf die Festlegung einheitlicher Standards verschwand. Entstanden sind technische Inseln sowie unwirtschaftliche und verzichtbare Parallelstrukturen wie z. B. der Betrieb von vier unterschiedlichen e-Akte-Systemen in der Landesverwaltung.

Diese Vielfalt setzt sich bei der Betreuung der IT fort. Das Land hatte IT.Niedersachsen zum zentralen Dienstleister auserkoren. Dieselbe Aufgabe nehmen allerdings auch andere IT-Dienstleister und Landesstellen wahr. 2020 griffen nach Auskunft des Innenministeriums 39 von 70 Landesbehörden nicht oder nur teilweise auf IT.Niedersachsen zurück.

„Das Land sollte die Steuerungs- und Entscheidungsstruktur für die IT und die Verwaltungsdigitalisierung beim CIO bündeln“ so Thomas Senftleben, Vizepräsident des Landesrechnungshofs, im Landtag. Der Rechnungshof empfiehlt, dass der CIO konkret die grundlegende IT-Infrastruktur mit Servern und Arbeitsplatzrechnern sowie querschnittliche IT-Verfahren wie z. B. E-Mail und Videokonferenzsysteme verantwortet. Für ihre Fachverfahren sollen hingegen die Ministerien selbst zuständig sein. Vizepräsident Senftleben betont allerdings: „Bedingung ist, dass sich die fachlichen Anforderungen und Belange der Ministerien in eine zuvor zentral definierte IT-Gesamtarchitektur einfügen.“

Mit einer zentralen IT-Steuerung ist es allein noch nicht getan. „Schlechte analoge Prozesse werden durch ihre Automatisierung nicht besser. Sie werden zwar digitalisiert, bleiben aber langsam und unwirtschaftlich.“ so Dr. von Klaeden. Der Landesrechnungshof fordert daher, alle Aufgaben, Prozesse und Strukturen der Landesverwaltung zu hinterfragen und für die digitale Transformation anzupassen. Auch dabei muss das Land über die Grenzen eines jeden Ressorts hinausdenken.

In seiner Beratenden Äußerung zur Verwaltungsdigitalisierung kritisiert der Landesrechnungshof zudem den übermäßigen Einsatz externen Personals, zeigt Möglichkeiten zur Gewinnung von mehr eigenen IT-Fachkräften auf und fordert die Finanzierung aller IT-Maßnahmen aus demselben Haushaltstopf. Die Beratende Äußerung will der Landesregierung konkrete Lösungsansätze aufzeigen. Sie basiert auf den vielfältigen Prüfungserkenntnissen des Rechnungshofs.