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Unfall Kirchdorfer Rehr: BGH hebt Urteil auf - Es muss neu verhandelt und entschieden werden

Die Angeklagten E.P. (hinter der Akte) und M.S. vorne (verpixelt) vor dem Landgericht. Der schwere Unfall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Karlsruhe/Egestorf. Am 17. April 2023 wurde das Urteil zum Unfall Kirchdorfer Rehr gesprochen. Die Angeklagte Ewa P. hatte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren bekommen. Bei dem Unfall starben am 25. Februar 2022 zwei kleine Kinder – die Mordanklage der Staatsanwaltschaft bestätigte das Gericht damals nicht. Der ebenfalls Angeklagte Marco S. hatte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren bekommen. Beide Angeklagten und die Staatsanwaltschaft Hannover gingen nach dem Urteil des Landgerichts in Revision. Nun hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe seine Entscheidung getroffen. .

Hintergrund: 

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

Nach den Feststellungen des Urteils begegneten sich die einander bis dahin unbekannten Angeklagten P. und S., die jeweils einen hochmotorisierten Pkw fuhren, zufällig auf dem Heimweg von ihren Arbeitsstellen. Nach der Ausfahrt aus einem Kreisverkehr überholten beide hintereinander mit überhöhter Geschwindigkeit ein drittes Kraftfahrzeug. Die Angeklagte P. blieb nach ihrer Vorbeifahrt an diesem auf der linken Spur und beschleunigte ihr Fahrzeug weiter. Sie war entschlossen, den Angeklagten S. zu überholen, um zu beweisen, dass sie das leistungsstärkere Fahrzeug fuhr. Der Angeklagte seinerseits beschleunigte ebenfalls stark und gab hierdurch zu erkennen, dass er die Herausforderung eines Vergleichs der Beschleunigungsfähigkeiten beider Fahrzeuge annahm. Beide Angeklagten trafen spätestens jetzt eine konkludente Rennabrede. 

Im Bereich einer Kurve kam der Angeklagten P., die weiterhin auf der Gegenfahrbahn, ungefähr neben dem Angeklagten S. fuhr, ein Pkw entgegen. Die Angeklagte P. versuchte, durch vollständiges Durchtreten ihres Gaspedals auf die rechte Fahrspur zurückzugelangen. Hierbei geriet ihr Fahrzeug, das inzwischen eine Geschwindigkeit von ungefähr 180 km/h erreicht hatte, ins Schleudern und stieß gegen ein weiteres Fahrzeug des Gegenverkehrs, dessen Fahrer verletzt wurde. Das hierbei in eine Rotationsbewegung versetzte Fahrzeug der Angeklagten P. kollidierte schließlich mit dem weiteren entgegenkommenden Pkw einer Familie. Hierdurch wurden die vorn sitzenden Eltern verletzt und beide in Kindersitzen auf der Rückbank befindlichen Kinder getötet.

Zum Urteil des BGH:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung der Angeklagten P. auch wegen Mordes anstrebt, sowie auf die Revisionen der beiden Angeklagten, hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil (mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die bestehen bleiben) aufgehoben.

Weder die Begründung, mit der das Landgericht einen Tötungsvorsatz der Angeklagten P. abgelehnt hat, noch die Beweiswürdigung zum subjektiven Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs hinsichtlich beider Angeklagter sind frei von Rechtsfehlern.

Die Sache muss daher insoweit durch eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Hannover neu verhandelt und entschieden werden.