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... und plötzlich ist es Krebs: "Es war ein Schlag ins Gesicht"

Karin Schwarz berichtet von ihren Erlebnissen mit dem Krebs.

Region.

Am vorletzten Freitag um "Fünf vor Zwölf" haben wir mit der Kampagne "... und plötzlich ist es Krebs" begonnen, um der Krankheit ein Gesicht zu verleihen. Zahlreiche Leserzuschriften sind schon jetzt eingegangen, jede einzelne Geschichte ist berührend. Machen auch Sie mit und schicken Sie uns Ihre Geschichte.

Heute berichtet Karin Schwarz aus Wennigsen von ihren Erlebnissen mit Krebs:

"Bei meinem Sohn Michael machte sich der Krebs im Alter von 47 Jahren bemerkbar. Kopfweh, Vergesslichkeit und ständige Müdigkeit waren die ersten Vorboten. Ich werde niemals vergessen, als wir am 1. April 2009 ins Krankenhaus gefahren sind. Eigentlich wollte er nicht zum Arzt gehen, aber ich habe gesehen, dass etwas nicht stimmt. Im Krankenhaus wollte man uns nach einer Stunde Wartezeit mit einer Kopfschmerztablette wieder nach Hause schicken. Ich habe jedoch auf einen Arzt bestanden. Nach drei Stunden Untersuchung wurden wir vom behandelnden Arzt nach Hause geschickt: "Machen Sie sich ein schönes Wochenende, das wird ihr letztes gesundes sein." Das war ein Schlag ins Gesicht, für uns beide. 

Laut des Arztes saß der Tumor an einer Stelle, an der nicht operiert werden konnte. Eine neunmonatige Chemotherapie würde auch nicht viel bringen, wurde uns gesagt. Doch wir klammerten uns an dieser Möglichkeit fest. Ein Arzt im Krankenhaus meinte zu meinem Sohn, er solle sich die Haare abrasieren, die fallen ihm bei der Therapie sowieso aus. Im Nachhinein weiß ich jetzt, dass die Chemotherapie nichts gebracht hatte. Bis zu seinem Tod hatte Michael seine Haare behalten.

In einem zweiten Krankenhaus wurde uns die Diagnose bestätigt. Der zweite Schlag folgte, als meine Schwiegertochter plötzlich ihre Sachen packte und meinen Sohn verließ. Sie konnte nicht mit der Krankheit umgehen, also kümmerte ich mich alleine um Michael. Ich erinnere mich an einen Tag, als er plötzlich vor meiner Tür lag. Seine Wohnung war nicht weit von unserem Zuhause entfernt. Zwei Männer halfen mir dabei, meinen Sohn in das Haus zu bringen. Ich konnte ihn alleine nicht tragen. Seit dem Tag an hatte ich ihm unser Gästezimmer in ein Krankenzimmer umgebaut.

Für die Bestrahlung wurde Michael immer von einem Krankentransport abgeholt. Ich habe darauf bestanden, meinen Sohn dahin zu begleiten. Er hat sich mehrmals im Krankenhaus verlaufen. Ich wollte ihm helfen und dabei sein, wenn er mich braucht. Leider hat die Therapie nicht angeschlagen. Man muss sich vorstellen: eine Behandlung in der Woche hat rund 5.500 Euro gekostet. Und als wir merkten, dass es nichts bringt, haben wir beschlossen, die Behandlung zu beenden. Der Arzt wollte ihm mit der Bestrahlung "ein Stück Lebensqualität" wiedergeben. Aber es hat nicht funktioniert.

Von da an habe ich gesehen, wie mein Sohn jeden Tag ein Stück mehr gestorben ist. Irgendwann kam er auf eine Palliativstation, wo ich ihn jeden Tag besucht habe. Ich habe jeden Tag mindestens neun Stunden bei ihm verbracht, weil die Schwestern ihn nicht verstanden haben. Er hat alles mit Arbeit verbunden. Wenn er zum Beispiel sagte "Gib mir mal ein Kabel", dann wollte er eine Scheibe Brot haben. Michael konnte nicht mehr richtig sehen, also habe ich die Schwestern gebeten, ihm bunte Teller zu geben. Einen weißen Teller mit hellen Nudeln - da konnte er kein Essen drauf erkennen.

Nach drei Wochen musste ich mich entscheiden: Lasse ich ihn auf der Palliativstation oder versuche ich, ihm einen Hospizplatz zu besorgen? Hätte ich ihn auf der Station gelassen, hätte er eine künstliche Ernährung bekommen. Ich weiß, das hätte er nicht gewollt. In sehr kurzer Zeit konnte ich ihm schließlich einen Platz in einem Hospiz besorgen. Am 15. November ist er dort eingeschlafen.

Nach dem Tod von meinem Mann haben Michael und ich viel zusammen gearbeitet, die Firma am Laufen gehalten und hatten viel Spaß zusammen. Und dann kam ganz plötzlich und ohne jede Vorwarnung der Schlag. Ich musste die Firma auflösen und jahrelange Mitarbeiter kündigen. Ich bin dankbar, dass mich Michaels Freunde weiterhin so unterstützen und mir in meinem Leben helfen."

 

Haben auch Sie Erfahrungen mit Krebs gemacht?

Lassen Sie uns und unsere Leser daran teilhaben. Ab sofort veröffentlichen wir jede Woche am Freitag um 11.55 Uhr ("Fünf vor Zwölf") einen Erfahrungsbericht zum Thema Krebs und geben der Krankheit ein Gesicht. Zeigen Sie Ihr Gesicht, machen Sie Menschen Mut, gegen den Krebs anzukämpfen. Machen Sie Menschen Mut, zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen.

Schreiben Sie uns an redaktion@con-nect.de oder redaktion@leine-on.de oder rufen Sie uns an, schreiben eine SMS oder WhatsApp an 01 74 - 37 87 461.